Ca. einmal im Jahr fahre ich zum Fundbüro, zahle eine 5-€-Verwaltungsgebühr und hole mir dann beim städtischen Bauhof ein mehr oder minder intaktes Fahrrad ab. Alles völlig legal und mit wenig Aufwand verbunden.
Immer wenn ich in der Feldmark ein unmotiviert herumstehendes, nicht angeschlossenes Fahrrad sehe, rufe ich am zweiten Tag (nicht, dass nur mal jemand pinkeln war) bei der örtlichen Polizeidienststelle an (auf keinen Fall den Notruf missbrauchen!) und melde das vermutlich gestohlene Fahrrad mit Fundort und erwähne, dass ich Fundrechte geltend machen möchte. Die Polizei fährt dann hin oder gibt die Sache an die Stadt weiter und dann wird das Fahrrad eingesammelt. Per Post erhalte ich ein vorausgefülltes Fundanzeigeformular, das ich bei Gelegenheit im Rathaus abgebe oder per Post schicke. Nach einem halben Jahr ist das Fahrrad dann nach Zahlung der Verwaltungsgebühr und Abholung meins. Nur der ursprüngliche Eigentümer könnte es jetzt noch von mir herausverlangen und auch das nur innerhalb von drei Jahren ab Funddatum/Fundanzeige. Praktisch ist das eher unwahrscheinlich.
Das Fundrecht macht es möglich!
Das mutmaßlich gestohlene Fahrrad ist eine „verlorene Sache“ im Sinne von § 965 BGB.
Finder ist, wer die Sache findet und an sich nimmt. Da gibt es jetzt ein kleines Problem, denn ich habe das Fahrrad zwar gefunden (entdeckt), aber nicht selber an mich genommen. Das hat vielmehr ein Mitarbeiter der Polizei/Stadt für mich erledigt. Grundsätzlich wäre der Mitarbeiter Besitzdiener und damit sein Dienstherr Finder.
Durch meinen Anruf und die ausdrückliche Geltendmachung meiner Fundrechte könnte jedoch ein Besitzmittlungsverhältnis im Sinne von § 868 BGB entstanden sein. Beim ersten Mal hat mich der freundliche Polizist am Telefon sogar gefragt, ob ich Fundrechte geltend machen möchte. Dadurch, aber wohl auch schon durch positive Aufnahme meiner entsprechenden Erklärung, hat mein Gegenüber meine Finderstellung anerkannt und folgerichtig das Fahrrad „für mich“ in unmittelbaren Besitz genommen. Dies wird spätestens durch Übersendung des vorausgefüllten Fundanzeigeformulars deutlich. Damit wäre ich mittelbarer Besitzer und hätte das Fahrrad im Sinne einer Besitzbegründung an mich genommen. Zu dieser etwas ungewöhnlichen Situation habe ich keinen Präzedenzfall finden können, die Stadt geht aber offenbar in ihrer Praxis von dieser Konstellation aus.
Anders wäre es, wenn der aufnehmende Beamte sich für die Information bedankt, dann aber deutlich macht, dass er die Sache für die Stadt oder den Verlierer „sicherstellen“ lassen wird. Auch ein reines zur Kenntnis nehmen meiner Fundrechteanmeldung dürfte nicht genügen, meine Finderstellung muss vielmehr zumindest stillschweigend anerkannt werden. Die Polizei und die städtischen Mitarbeiter dürften zwar dazu verpflichtet sein, meinem Hinweis auf ein möglicherweise gestohlenes Fahrrad nachzugehen, ich kann aber keine Pflicht erkennen, es für mich abzuholen und in Besitz zu nehmen.
Der „sicherere“ Weg wäre natürlich, wen ich das Fahrrad selbst an mich nähme und dann eine Fundanzeige mache bzw. zum Fundbüro fahre. Allerdings wäre es mir neben dem etwas höheren Aufwand auch unangenehm mit einem geklauten Fahrrad „erwischt“ zu werden. „Hab ich gerade gefunden“ hört sich doch nach einer sehr faulen Ausrede an…
Was, wenn zwei Fahrräder an einer Laterne auf der Fußgängerzone angeschlossen sind, verkehrstüchtig, aber seit über einem Jahr an dieser Stelle vor sich hinrosten und nicht bewegt worden sind? Zudem noch den Restaurantbetrieb stören? Das Restaurant zahlt der Stadt auch noch eine Nutzungsgebühr für die Außenbestuhlung, und wird durch die Räder empfindlich geschädigt! Nun bin ich sehr gespannt auf Ihren Kommentar!
Eine interessante Frage, auf die ich aus dem Stehgreif leider auch keine verlässliche Antwort weiß – Sie können mich gerne beauftragen, wenn Sie meinen, dass die überschaubaren Kosten dafür wegen der starken Behinderung durch die Fahrräder sich für Sie lohnen.
Ansonsten wäre mein erster Impuls, es mal beim Ordnungsamt zu versuchen. In Hamburg werden zum Beispiel in gewissen Intervallen straßenweise alle erkennbar nicht mehr fahrtüchtigen Fahrräder mit Hinweisen versehen, sie bitte zu entfernen und nach einer Frist werden sie dann abgeholt – vermutlich als Fundsachen. Insofern wäre eine Fundsachenmeldung auch zumindest einen Versuch wert.
Seit wann sind unabgeschlossene Fahrräder Diebesgut? Und wieso lässt sich die Polizei hier so einfach als Tatwerkzeug missbrauchen? Bei uns kommt erstmal für ein paar Wochen ein Aufkleber vom Ordnungsamt an das Rad, bevor es dann vom Ordnungsamt eingesammelt wird, unabhängig davon, ob das vermeintlich herrenlose Rad von Mitarbeitern des Ordnungsamtes oder Privatpersonen „gefunden“ wird, und unabhängig davon, ob es abgeschlossen ist oder nicht. Auch ein abgeschlossenes Rad, das offensichtlich aufgegeben wurde und schon vor sich hinrostet, wird irgendwann für herrenlos gehalten und eingesammelt.