Nutri-Score bald auch in Deutschland – nach Danone nun auch Iglo

UPDATE 05.09.2019: Ich habe die Thematik in einem Youtube-Video etwas vertieft.

UPDATE April 2019: Iglo ist die Verwendung des Nutri-Scores durch eine einstweilige Verfügung des Langerichts Hamburg untersagt worden (LG Hamburg, Urteil v. 16. 04.2019, Az. 411 HKO 9/19 ). Das Hauptsacheverfahren vor dem OLG Hamburg zur Überprüfung dieser Entscheidung ist noch nicht abgeschlossen. Die anderen Vorreiter beim Nutri-Score sind nicht unmittelbar an das Urteil gebunden und verwenden ihn daher weiter.

Nach dem französischen Lebensmittelunternehmen Danone hat sich nun auch der bekannte Tiefkühlkosthersteller Iglo zu einer freiwilligen Kennzeichnung mit dem französischen Nutri-Score bekannt. Beide Unternehmen wollen ihre Produkte ab Anfang 2019 damit kennzeichnen.

Das in Frankreich entwickelte Nutri-Score-System bewertet die „Gesundheit“ eines Lebensmittels nach festgelegten Kriterien. Viel Salz, Fett und Zucker führt zu einer schlechten Wertung, hingegen gibt es Pluspunkte für Ballaststoffe, Proteine, etc.

Die positiven und negativen Punkte werden verrechnet und es kommt ein Score heraus, der als Buchstabe und in einer Farbscala ausgedrückt wird.

Wie man sieht, ist das System ähnlich wie die Energieeffizienzklassen bei Elektrogeräten aufgebaut.

Freiwillig, aber mit Verbrauchererwartung

Die Kennzeichnung mit dem Nutri-Score ist komplett freiwillig und ergänzend. Die Nährwerttabelle wird es also auch weiterhin auf den allermeisten Verpackungen geben. Der Nutri-Score ist eher eine grobe Einordnung, ob es sich um ein gesundes Lebensmittel handelt, das man in größeren Mengen essen sollte, oder eher um ein Genussmittel für den gelegentlichen Verzehr.

Sollte sich das System etablieren, werden die Verbraucher aber vermehrt zu damit (grün, A/B) gekennzeichneten Produkten greifen. Ab einer gewissen Dynamik könnten sich damit immer mehr Unternehmen gezwungen sehen, sich dem System anzuschließen.

Unwahrscheinlich ist allerdings, dass es viele Produkte mit einer roten oder orangefarbenen Kennzeichnung geben wird. Welcher Süßwarenhersteller möchte seine Kunden schließlich gezielt darauf stoßen, dass sie besser einen Apfel als ein Gummibärchen essen sollten?

 

Informationsgewinn für den Verbraucher?

Der Nutri-Score ermöglicht eine erste Einordnung mit einem Blick in Hinblick auf den gesundheitlichen Wert eines Lebensmittels. Da nur relativ gesunde Lebensmittel damit gekennzeichnet werden, rücken diese beim Verbraucher stärker in den Fokus. Damit würde das System einen Beitrag zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung leisten.

Dennoch stellt es natürlich eine starke Vereinfachung dar und entbindet den Verbraucher nicht völlig davon, sich genauer mit einem Lebensmittel auseinander zu setzen. Der weitere gesundheitliche Wert und mögliche Risiken gehen aus dem Score nämlich nicht hervor. Jedes Gemüse dürfte den grünen A-Score tragen, unabhängig davon, wie es mit Pestizidrückständen belastet ist. Ebenso werden Zusatzstoffe, die von vielen Verbrauchern (teilweise zu Recht) ungern gesehen werden, nicht mitbewertet. Eine zuckerreduzierte Gemüsekonserve mit 23 E-Nummern auf dem Etikett würde also möglicherweise ebenfalls ein A/B erhalten, obwohl der Vorteil von z.B. Süßungsmitteln für die Gesundheit im Vergleich mit normalem Haushaltszucker eher umstritten sein dürfte.

Bei den offensichtlich gesunden Produkten, wie z.B. Obst oder Gemüse in unverarbeiteter Form, ist die Kennzeichnung ein reines Marketinginstrument, das seinen Nutzen verliert, sobald alle Marktteilnehmer es verwenden. Ohnehin fehlt es den Verbrauchern nicht am Wissen, welche Lebensmittel gesund oder ungesund sind, sondern es fehlt an der Disziplin am Süßigkeitenregal vorbei zu gehen. Daran wird vermutlich auch der Nutri-Score nichts ändern.

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