Ziemlich häufig kommen einem in Schreiben und Schriftsätzen von Kollegen sehr kuriose Argumente unter, die ich im Rahmen einer Artikelserie gelegentlich vorstellen möchte. Man fragt sich dann immer, ob der Kollege oder die Kollegin einen selbst oder das Gericht für blöd hält oder einfach nicht gemerkt hat, dass die Argumentation „extrem schwach“ bzw. lächerlich ist. Mitunter könnte man meinen, dass Anwälte nicht nach Stunden- oder RVG-Honorar, sondern nach Textzeilen bezahlt werden.

Aus dem Schriftsatz einer bekannten, auf E-Commerce spezialisierten Kanzlei in einem Gerichtsverfahren, bei dem es um Unterlassungsansprüche bezüglich der Kennzeichnung eines Futtermittels geht.

Sachverhalt

Auf dem Futtermittel fehlt die Angabe der Futtermittelart gemäß Art. 15 a) VO 767/2009 (Futtermittelverkehrsverordnung). Auf dem Etikett werden unter anderem Fütterungshinweise gegeben und es werden analytische Bestandteile angegeben (dies ist eine Formulierung, die es so nur bei Futtermitteln als Kennzeichnungselement gibt).

Es handelt sich um ein reines Pflanzenöl aus einer Pflanzenart.

Die Futtermittelart „Einzelfuttermittel“ wird in Art. 3 g) VO 767/2009 wie folgt definiert:

„Einzelfuttermittel“ Erzeugnisse pflanzlichen oder tierischen
Ursprungs, die vorrangig zur Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren dienen, im natürlichen Zustand, frisch oder haltbar gemacht, und Erzeugnisse ihrer industriellen Verarbeitung sowie organische oder anorganische Stoffe, mit Futtermittelzusatzstoffen oder ohne Futtermittelzusatzstoffe, die zur Tierernährung durch orale Fütterung bestimmt sind, sei es unmittelbar als solche oder in verarbeiteter Form, für die Herstellung von Mischfuttermitteln oder als Trägerstoff für Vormischungen;

Es sollte einleuchtend sein, dass es sich um ein Einzelfuttermittel handelt.

Argumentation

Es soll aber kein Verstoß vorliegen, obwohl nicht „Einzelfuttermittel“ auf der Verpackung steht, denn „Das streitgegenständliche […]öl dient in keiner Weise zur Deckung des täglichen Ernährungsbedarfs, es handelt sich mithin nicht um ein Einzelfuttermittel“.

Wieso das auch als [Tier][Pflanzenart]öl bezeichnete Produkt nicht der Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren dienen soll und wieso es plötzlich auf den „täglichen“ Ernährungsbedarf ankommen soll, wird leider nicht ausgeführt. Die Schlussfolgerung ist dann, dass die Vorschrift auf das Produkt nicht anzuwenden ist.

Es würde mich sehr überraschen, wenn das Gericht dieser Argumentation folgt.

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